Obwohl jetzt schon mehrere Jahre her, ist der bisher glücklicherweise einzige schwerwiegende Flugunfall in Bereich des Wiener Flughafens noch vielen Menschen in Erinnerung geblieben. Durch die damals notlandende Maschine wurden  Flugsicherungsanlagen schwer beschädigt. Die zu dem Zeitpunkt vor Ort arbeitenden Kollegen entgingen damals nur knapp einer lebensgefährlichen Situation.

 

Um die Arbeit eines Flugsicherungsingenieurs anschaulich zu machen, veröffentlicht ATCNEA hier den zusammenfassenden Bericht des damals zuständigen Systemingeneurs. Aus Gründen der Datensicherheit wurde einzelne, rein interne, Informationen und Abkürzungen aus dem Bericht entfernt. Die Qualität der Fotos ist dem damaligen Stand der Technik der Handykameras geschuldet.

 

 

Die Wiedererrichtung des Landekurs 16-Antennensystems und Inbetriebnahme ILS 16 nach der Hapag Lloyd Notlandung in Wien Schwechat

 

 

 

Wie in allen Medien berichtet wurde, "landete" am 12.7.2000 um ca. 13:30 loc ein Airbus A310 der Fluglinie Hapag Lloyd wegen Treibstoffmangels ~ 700m vor der Schwelle 34 und zerstörte dabei das Antennensystem des Landekurses 16 (damals in den Medien auch fälschlicherweise als "Zaun" oder "Radaranlage" bezeichnet).

 

 

 

 

 

Das Antennensystem besteht aus 25 Stück Rahmenantennen und je 1 Detektorantenne (für die "Rückmeldung" = Monitoring), sowie 2 Stück Detektorboxen in denen die Detektorsignale zusammengeführt und vorverarbeitet werden und 1 Stück Antennenverteilerkasten. In dieser Einheit werden die Signale aus dem Landekurssender in Betrag und Phase so aufgeteilt, daß jede Sendeantenne mit dem "richtigen" HF-Signal beaufschlagt wird - sowie das Recombiningsystem, das die Signale aus den Detektorboxen derart zusammenfügt, daß die Monitore das ausgesendete Signal als korrektes Signal anzeigen können.

      

Vorgangsweise zum Wiederaufbau:

Am 13./14.7. sowie 17.7. wurden Besprechungen der beteiligten Fachabteilungen bzgl. der weiteren Vorgangsweise bzw. Organisation eines neuen Antennensystems und Organisation befähigter Fremdfirmen, der notwendigen HF-Kabel und Stecker mit Montagematerial, sowie ev. eines neuen Shelters abgehalten, sowie zur Einholung von Angeboten genutzt.

Organisation bedeutet in diesem Fall:

Lieferung des benötigten Materials bzw. der Arbeitskräfte in kürzester Zeit und genau zum richtigen Zeitpunkt. Ausarbeitung von Arbeits und- Zeitdiagrammen sowie Plänen zur Einhaltung der äußerst kurzen Liefertermine etc.

Ab 18.7. wurde von der ausgewählten Errichterfirma begonnen das Antennenwrack abzubauen, die alten Montagebohrungen ebenso zu versiegeln wie die offenen Fugen des Fundamentes. (Ein neuer Shelter wurde wegen zu langer Lieferzeit nicht berücksichtigt.)

Am 21.7. wurden die alten Kabelauslässe ausgestemmt und 4 St. neue PVC-Rohre (sogenannte Pfeifen) von der beauftragten Baufirma einbetoniert.

Inzwischen lieferte ein Lieferant die benötigten HF-Kabel und Stecker.

Am 24. und 25.7. vermaß ein Landvermesser die Position des Fundamentes und die Lage der Centerline 16, berechnete die neue Position der Antennen und der Reflektorsteher und markierte diese 50 Punkte auf dem Fundament (Genauigkeit +/- 1cm).

Am Mi. 26.7. wurde das Material des Antennensystems von der Herstellerfirma angeliefert und dieErrichterfirma begann sofort mit dem Aufbau der neuen Antennenanlage.

Am 1. und 2.8. wurden von der NAV-Gruppe die HF-Kabel zwischen Shelter und Antennen neu verlegt. 5 Stk. ½"Cellflex und 4 Stk. ¼" Cellflex wurden abgelängt und die Stecker montiert, danach vermessen nach VSWR, Dämpfung und elektrischer Länge, eingezogen und nach der Verlegung nochmals nach obgenannten elektrischen Werten überprüft.

Am Fr. 4.8. beendet die Errichterfirma die Montage des Antennensystems.

 

Zu diesem Zeitpunkt sind mechanisch montiert:

25 Stk. Antennensteher (Profilalu) mit Verstrebungen und 25 Stk. Reflektorsteher mit Verstrebungen sowie je eine Rahmenantenne und je 1 Detektorantenne je Antennensteher,

ebenso der Antennenverteilerkasten, die notwendigen Kabeltassen und Verrohrungen, die Verkabelung zwischen Antennenverteilerkasten und den Rahmenantennen und die Verkabelung zwischen Detektorantennen und Recombiningeinheit (im Antennenverteilerkasten eingebaut) inklusive den Sammelkästen der Detektorsignale (=Detektorboxen) etc, etc.

sowie die Verkabelung zwischen Shelter und Antennenverteiler inklusive der Hindernislampen und deren Verkabelung.

Am 7.8. reiste ein Techniker der Herstellerfirma an. Er und die Techniker der NAV-Gruppe begannen mit den Einmeßarbeiten. Es wurden alle HF-Kabel und elektronischen Einheiten des Antennensystems geprüft, eingestellt und die Meßwerte für das Abnahmeprotokoll aufgenommen. (VSWR, Dämpfung, elektrische Länge, die Recombiningeinheit eingestellt etc.)

Ab 9.8. wurde mit den Feldmessungen (am 1000m-technischen Meßkreis und am 300m-technischen Meßkreis) begonnen und die Anlage in Dauerbetrieb genommen um die Zuverlässigkeit zu testen.

Am 10.8. wurden nach einigen Einstellarbeiten am Landekurssender die Feldmessungen ergänzt und danach das Abnahmeprotokoll (ca. 40 Seiten) angefertigt.

Am 11.8. wurde die Zulassungsflugvermessung durchgeführt (alle Meßwerte sind in Ordnung – Anlage ist CAT III-fähig) und danach der Landekurs 16 für den Betrieb ab ca. 16:15 loc freigegeben bzw. die Aufhebung des NOTAMs veranlaßt.

Ich möchte hier anführen, daß alle oben angeführten Arbeiten mit höchster Zuverlässigkeit in äußerst kurzen Zeit (weniger als 1 Monat) organisiert und durchgeführt wurden. Dies war nur durch die hervorragende Zusammenarbeit aller Beteiligten ..... möglich.

 LOWW, 14.8.2000, abgezeichnet vom Systemingenieur

 

Verwendete Abkürzungen

LOWW = Kennung für den Flughafen Wien Schwechat

APP = Approach (Anflugkontrolle)

TWR = Tower

VSWR (Stehwellenverhältnis, massgeblich für die Antennenanpassung)

CAT-III = Kategorie der Piste. CAT-I bis CAT-III. CAT-III ist quasi blindlandetauglich.